Einen Hund mit nach Portugal zu bringen ist nicht schwer, wenn man mit dem Auto fährt. Einen Flug in einer Transportkiste im Frachtraum wollte ich unserem Hund nicht zumuten. Daher fuhren wir zwei, Hund und ich, mit dem Auto.
Ging so weit so gut, auch die wenigen kurzen Pausen ertrug er gut und schlief die meiste Zeit. Ich hatte befürchtet, dass er bei der Strecke von 2.400 km irgendwann einen Reisekoller bekommt. Das ist (zumindest diesmal) nicht vorgekommen. Braver Hund.
Die Pausen zum Gassi gehen waren allerdings wie erwartet stressig, denn Fiji weigert sich auch nach drei Jahren beharrlich das Konzept der Leine zu verstehen. Er sieht es als seine Aufgabe mir den Weg zu zeigen und mich an der Leine hinter sich her zu ziehen. Nun, das hat zwar schon die Züchterin damals angedeutet, dass Setter eine uneinsichtige Einstellung zur Leine haben und dass es ihrer Kenntnis nach Niemandem so richtig geglückt sei einen Setter wirklich perfekt an die Leine zu gewöhnen.
Zu Hause in Deutschland umgehen wir die prekärer Sache, in dem er einfach so selten wie möglich an die Leine muss. Ja, wahrscheinlich nicht die richtige Strategie, aber sie spart viel, wirklich viel negative Energie.
Unterwegs durch Frankreich und Spanien musste aber die Leine her. Unbekanntes Gelände ist nicht der richtige Ort einen eher antiautoritär erzogenen, hyperaktiven Rüden in den postpubertären Jahren frei laufen zu lassen.
Also ließ ich mich hinterher schleifen.
In Portugal selbst ist es nicht weniger schwierig. Hier kennen wir das Geländer noch nicht und hinzu kommt, dass wirklich jedes Haus, mehr oder weniger freundliche tierische Mitbewohner hat, die zwar meist an Ketten ihr Dasein fristen, aber daher auch nicht an einem sozialen Hundeplausch mit Fiji interessiert sind.
Also auch ein Spaziergang in der näheren Umgebung ist recht stressbehaftet - Leine und andere Rüden, die ihre Ansprüche stellen.
Bislang hatten wir noch keine gefährlichen Begegnungen, den portugiesischen Hundeketten sei Dank, die die pflichtbewussten Vierbeiner daran hindern uns zu nahe zu kommen.
Das hat sich aber in der ersten Januarwoche geändert. Hubby ging joggen und Fiji und ich gingen in die entgegengesetzte Richtung Gassi. Dort waren wir bislang nicht. Der Weg ging zum Teil über eine befahrene Strasse. Also habe ich Fiji schön kurz an der Leine gehalten, bis wir an einem Haus vorbeikamen, in dessen Garten zwei gosse Portugiesische Hirtenhunde (Beispielfoto links, Photo credit Wikipedia) schon auf uns warteten – klar haben die uns bereits gehört und gerochen, bevor ich sie sah. Das ist weiter nicht schlimm, dachte ich, die zwei sind ja hinter einem Zaun.
Dem war leider nicht so. Einer der beiden stand plötzlich mitten auf der Straße, 15 Meter vor uns.
Das ist genau die Situation, die kein Hundehalter erleben möchte, dessen Hund selbst gerade an der Leine ist.
Da Hunde an der Leine dazu tendieren riesen Radau zu machen und Herrchen und Frauchen wie einen Hampelmann da stehen zu lassen, ist die einzig richtige Reaktion: Hund ableinen.
Ableinen mitten auf der Straße? Keine gute Idee. Aber bevor Fiji sich mit dem Portugiesischen Hirtenhund an der Leine zerfleischt, soll er den Deal mit ihm selbst machen, ohne mich.
Der Portugiesische Hirtenhund, natürlich, wie soll es anders sein, männlich und unkastriert. Wie Fiji, männlich und unkastriert. Genial!
Die beiden Jungs haben sich aufgeplustert (Fiji sieht dann immer ganz bedrohlich aus, wie eine übergroße Hyäne), knurrten sich gegenseitig was vor, beschnupperten sich und bauten eine Menge Spannung auf.
Frauchen natürlich unkontrolliert hysterisch („Fiji, komm jetzt! Fiji, umdrehen! Fiiiiiiiji, hier! Also gut, ich gehe jetzt…Ehrlich, ich bin dann mal weg. Also das geht nicht, ich kann dich nicht auf der Strasse allein lassen! Verdammt! Komm jetzt. Fiji, das ist voll peinlich! Jeder hier weiß jetzt wie du heißt!...), denn beide Hunde tänzelten umeinander in einer uneinsichtigen Straßensituation (Kurve).
Eine gefühlte Ewigkeit ignorierte Fiji meine Befehle und Drohungen jetzt aber wirklich und endgültig zu gehen. Er ignorierte meine Rufe und hohen Locktöne. Nichts, die zwei drehten sich umeinander, als wären sie beim Stierkampf.
Zwei Dinge sind hier schief gelaufen:
Erstens: Fiji ist noch immer nicht erzogen, obwohl er recht männlich dominant unterwegs ist. Ich gebe zu, ich habe das in den ersten Monaten seines Daseins etwas schleifen lassen, denn er war ja so süß…. Und eigentlich gehorcht er ja. Nur nicht in Ausnahmesituationen…
Zweitens: Der Portugiesische Hirtenhund war frei - Gott sei Dank bin ich nicht an allem Schuld ;-)
Im Hinterkopf habe ich immer das, was man uns zu Beginn in Portugal gesagt hat: Die Portugiesen mögen es nicht, wenn Hunde frei herum streunen. Daher versuchen wir Fiji immer zumindest an der Schleppleine zu haben, da unser Grundstück noch nicht umzäunt ist. Leider entschlüpft er uns auch mal samt Schleppleine, und verheddert sich dann zum Beispiel am Pool in Nachbars Garten. Peinlich ist das vor allem dann, wenn man den Nachbarn noch nicht persönlich kennen gelernt hat.
Was lernen wir also an diesem Tag:
Vertraue dem Hund nicht, auch wenn er mit der Schleppleine scheinbar friedlich in der Sonne döst. Passt du kurz nicht auf, ist er on tour.
Vertraue den portugiesischen Zäunen nicht. Auch ein sehr großer Hirtenhund findet seinen Weg raus. Baue einen Zaun um das Grundstück. Fahre den Hund zum Strand zum Rennen und gehe nicht in der Nachbarschaft spazieren. Die Hunde, die er am Strand trifft, sind dort auch nicht zu Hause, was zu deutlich freundlicheren Hunde-Begegnungen führt.
(Geschrieben in Portugal am 3. Januar 2019)
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